Nicolas Party, Mountains, 2023. Softpastellkreide auf Wand, 3025 x 17134 cm, Museum Frieder Burda © Nicolas Party; Nicolas Party, Portrait with Flowers, 2023. Softpastellkreide auf Wand, 3034 x 2335 cm Museum Frieder Burda © Nicolas Party Foto: Nikolay Kazakov

 

NICOLAS PARTY
WHEN TOMORROW COMES
4. NOVEMBER 2023 – 18. FEBRUAR 2024

Museum Frieder Burda
Baden-Baden

Nicolas Party steht mit den Motiven der Alten Meister auf vertrautem Fuß. Gleichzeitig ist seine Kunst ganz der Gegenwart verhaftet. Der Schweizer Maler (Jahrgang 1980) zelebriert in seinen Landschaftsbildern die Schönheit der Natur. Doch auch das Inferno in Gestalt eines entfesselten Waldbrandes gehört zum Œuvre Partys, der derzeit zu den international meistbeachteten Erneuerern der Malerei zählt. Das Museum Frieder Burda in Baden-Baden richtet Party nun die erste deutsche Museumspräsentation aus. „When Tomorrow Comes“ verbindet kunsthistorische Rückschau und visionäre Neudefinition dessen, was Malerei im 21. Jahrhundert zu leisten vermag.

Großformatige Wandarbeiten gemalt mit Pastellkreide werden durch kupfergründige Gemälde, Altäre und Schreine auf Sockeln ergänzt. Dabei verwandelt Party das komplette Raumensemble des Richard-Meier-Baus in einen konzeptionell durchgeplanten malerischen Kosmos: Im Zusammenspiel von Wand, Gemälde und Objekt, von Landschaften, Porträts und Stilleben, definiert sein Werk einen rätselhaft anmutenden Parcours durch die Architektur und entwirft die Vision einer Zukunft des Menschen auf der Erde, die sich zwischen utopischen und dystopischen Bildern bewegt,
besänftigend und beunruhigend zugleich. Es sind Bilder, die eine Welt zeigen, wie sie vor der Existenz der Menschen aussah – und vielleicht auch wiederum nach ihr, wenn das kurze Zwischenspiel ihres Daseins vorüber ist.

Nicolas Party, Green Cave, 2023. Softpastellkreide auf Wand, 2074 x 4123 cm, Museum Frieder Burda © Nicolas Party; Foto: Nikolay Kazakov

Hügellandschaften verlieren sich in der Tiefe des Bildes und entführen den Blick in die unendliche Weite der Landschaft. Ihre Farbigkeit erinnert an meditativ stimmende, digital generierte Landschaftsbilder oder psychedelische Plattencover. Seltsame Figuren mit perückenartigen Haarhelmen sitzen erstarrt im Bild, die Blumen sind Bildern von Christian Schad entnommen. Die Renaissancemalerei eines Hans Holbein oder auch der Jugendstil eines Gustav Klimt haben hier Pate gestanden. „Ich schaue mir andere Bilder an, wenn ich eigene Bilder mache. Bilder, die aus der langen Kulturgeschichte des Menschen hervorgegangen sind. Das ist meine tägliche Obsession.“ So Party selbst über den organischen Prozess seiner Kunstproduktion, die immer auch wieder Kunstgeschichte und den reichen Bilderpool, den sie bereithält, reflektiert.

Vielseitig ist auch das thematische Repertoire des in New York lebenden Künstlers:
Landschaftspanoramen, die an Maler wie Giovanni Segantini oder Ferdinand Hodler erinnern, gehören ebenso dazu wie Porträts und Stillleben. Monolithische Gebirge und Wasserfälle, Blumen und Bäume, Obst und archaische Gefäße, Katzen und Dinosaurier bevölkern die illusionistischen Bilder. Seine eigenwillige, zunehmend düster werdende Welt wirkt mysteriös und bedarf des intensiven Hinsehens. Gerade die Dinosaurier stehen für eine Welt, in der der Mensch noch keinen Auftritt hatte – oder auch schon wieder aus ihr verschwunden ist. Party selbst zu der spezifischen Zeiterfahrung in seinen Bildern: „Die Zeitskala des Universums ist viel größer als wir. In meinen Bildern ist oft nicht klar, ob sie vor oder nach der Existenz des Menschen spielen. Denn das Desaster, das der Mensch für die Welt bedeutet, ist immer präsent. Aber eines ist sicher: Die Welt wird auch ohne uns weiter existieren. Gleichzeitig ist die starke Imagination, von der meine Bilder getragen sind, auch eine Einladung, allem zu entfliehen.“

Wandbilder und Pastelle, Skulpturen und Keramiken, Videos und Multimedia-Installationen:
Nicolas Party hat verschiedene Techniken erprobt und darin neue Ausdrucksformen gefunden. Schon sehr früh hat er sich mit Computer-Animation auseinandergesetzt, ist technisch mit den Bedingungen zeitgenössischer Bildproduktion, der unendlichen Verfügbarkeit von Bildern, bestens vertraut. Dies sieht man seinen Werken an: Die Körper entwickeln sich aus den geometrischen Volumen heraus, ihre Oberflächen bleiben homogen und haben ihren individuellen taktilen Reiz eingebüßt zugunsten einer hoch ästhetischen Harmonie von Farbe und Form. Sie sind im virtuellen Raum erdacht, visualisiert, ja synthetisiert – und werden dann in virtuose Malerei übertragen. Ambivalent bewegen sie sich zwischen flächiger und räumlicher Wirkung.

Dabei ergibt sich ein spezifisches Verhältnis zur Realität, wie der Künstler selbst es formuliert: „Wenn man 3D-Bilder erzeugt, hat man eine andere Verbindung zur Realität. Diese Realität ist eine Art Abstraktion, bei der man sich von vornherein bewusst ist, dass sie durch Zahlen und Codes generiert wird. Es gibt zwar eine Verbindung zu dem, was wir die reale Welt nennen und zu der Pflanzen und Objekte gehören, die man riechen und fühlen kann. Der Computer verfügt aber nicht über all diese Sinne. Er ist ein Werkzeug, das nur auf das Auge ausgerichtet ist.“ Und weiter: „Es geht daher weniger um Realität, als um unsere Vorstellung davon – davon, was ein Berg ist, was eine Frucht oder ein Gesicht sein könnte.“ Entscheidend ist dabei der Filter, der sich zunehmend zwischen uns und unsere Wahrnehmung der Realität schiebt: „So wie mit Photoshop und digitaler Fotografie unsere Gesichter in Magazinen, auf Bildschirmen und im Kino manipuliert werden, gibt es eine zunehmend größere Distanz zu dem, wie und was wir in der realen Welt mit unseren Augen sehen.“

Zentrales Medium seiner Kunst sind die Wände, die Grenzen des Raumes, die er malerisch überwindet. In präzisem Duktus verwandelt seine Wandmalerei die Ausstellungssituation in ein installatives, temporäres Gesamtkunstwerk. In nächster Nähe, vor und bisweilen auch auf dieser Folie präsentiert Party seine aufklappbaren kupfergründigen Vielflügelbilder, ähnlich Reisealtären, und Schreine, teilweise an der Wand hängend, teilweise auf Sockeln davor postiert. Sie tauchen den
gesamten Raum in eine sakrale Atmosphäre, von der ein unterschwelliger geheimnisvoller Sound ausgeht.

In seiner Baden-Badener Ausstellung entwickelt Party seine Malerei konsequent weiter und geht den nächsten Schritt: Bäume stehen wie einzelne Lebewesen im Raum, gleichzeitig bedroht durch das wie Feuer erscheinende Rot. Die idyllisch-romantischen Naturräume sind jetzt verschwunden, das Anthropozän hat Einzug gehalten und fordert seine Opfer. Nicolas Party konfrontiert uns mit farbenprächtigen Kopfwelten, die einen visionären Blick in eine mögliche Zukunft werfen. Eine Zukunft, in der das Schicksal von Natur und Mensch noch nicht entschieden ist. Vor den weißen Flächen und klaren geometrischen Formen des Museumsgebäudes von Richard Meier hebt sich seine Malerei umso wirkungsvoller ab und ermöglicht den Besucher*innen der Ausstellung eine farbintensive, atmosphärisch dichte und hoch ästhetische Raumerfahrung.

Nicolas Party (*1980 in Lausanne, Schweiz) lebt und arbeitet in New York. Er ist in zahlreichen renommierten Sammlungen vertreten und hatte bedeutende museale Einzelausstellungen in den USA, Europa und Asien

Museum Frieder Burda

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